StVO gilt teilweise auch auf öffentlich zugänglichen Flächen und Plätzen

Im dem Verfahren vor dem Berliner Kammergericht ging es um einen Unfall auf dem sog. dem Tempelhofer Feld, das für Freizeitaktivitäten von Joggern, Inline-Skatern, Fahrradfahrern und Fußgängern genutzt wird. Der Unfall ereignete sich zwischen einem Fahrrad und einem Kettcar.

Der Fahrradfahrer (= Kläger) war auf einer etwa 10 bis 15 Meter breiten Außenbahn des ehemaligen Flugplatzes unterwegs. Vor ihm fuhr in der Mitte dieser Außenbahn eine Gruppe von acht- bis vierzehnjährigen Kindern mit Kettcars nebeneinander. Das ganz rechte Kettcar, das vier Personen Platz bot, lenkte ein Kind; hinten rechts saß der Betreuer der Gruppe. Als der Fahrradfahrer die Gruppe Kettcars überholen wollte, kam es zum Zusammenstoß. Durch den Aufprall flog der Fahrradfahrer über den Lenker und erlitt Brüche am linken Ellenbogen und an einer Hand.

Der Fahrradfahrer verlangte vom Betreuer (= Beklagter) Schmerzensgeld zwischen 7.000,00 € bis 13.000,00 €. Er sah einen Fehler beim Betreuer der Kinder. Der Radfahrer behauptete, dass das Kettcar, mit dem er zusammengestoßen war, plötzlich und für ihn unvorhersehbar schräg nach rechts ausgeschert sei. Der von ihm eingehaltene Sicherheitsabstand von fünf bis sieben Metern sei dadurch aufgebraucht worden.

Das Gericht stellte jedoch kein Fehlverhalten des Betreuers fest. Dem Betreuer sei nicht vorzuwerfen, dass er den Kindern gestattet habe, mit den Kettcars auf der Außenbahn zu fahren. Das Gelände sei für den öffentlichen Straßenverkehr geöffnet. Maßgeblich sei vielmehr, dass das Tempelhofer Feld während der Öffnungszeiten allgemein zugänglich sei. Die Verkehrsteilnehmer müssten die Grundregel der StVO einhalten, nämlich stets Vorsicht und gegenseitige Rücksicht walten lassen. Andere Personen dürften nicht gefährdet werden. Es sei nicht davon auszugehen, dass der Betreuer diese Grundregel verletzt habe. Er habe nur das Kind, welches das Kettcar gelenkt hatte, angewiesen, nach rechts zu lenken, um einem links fahrenden Kettcar auszuweichen. Das sei nicht zu beanstanden. Der Kläger habe mit einer solchen Reaktion rechnen können, denn bei Gruppenfahrten sei zu erwarten, dass einzelne Fahrzeuge ihre Spur verlassen.

Kettcars müssten sich auf einer normalen Straße an die für Fußgänger geltenden Vorschriften der Straßenverkehrsordnung halten, z.B. innerhalb geschlossener Ortschaften den rechten Fahrbahnrand nutzen. Auf dem ehemaligen Flughafengelände sei diese Regel jedoch nicht anzuwenden. Denn es sei nicht jeder Verkehr zugelassen und die Fläche diene nicht dem fließenden Verkehr, sondern der Freizeitgestaltung. Die Verkehrsteilnehmer müssten allerdings die Grundregel der Straßenverkehrsordnung, das Rücksichtnahmegebot, einhalten: Vorsicht und gegenseitige Rücksicht walten lassen und andere nicht gefährden.